Neo2 – Ein Experiment

Neo2 – noch nie gehört? Es handelt sich dabei um ein Tastaturlayout, welches auf Deusch optimiert ist. Klingt gut. Ich mag Effizienz und Optimierung. Und da ich jobtechnisch täglich viele E-Mails schreibe und mir mein eigenes anderthalbhändiges 6-Finger-Suchsystem mich selbst auch nervt ist es Zeit für eine Revolution!

Recherche

Auf Neo2 bin ich nur zufällig gestoßen. Aus Interesse habe ich mal meine Tippgeschwindigkeit gemessen, die bei etwa 260 Anschlägen pro Minute liegt. Ohne dabei auf die Tastatur zu sehen noch schlechter. Von Dvorak hatte ich mal gehört, Neo2 war mir gänzlich neu. Nach 10 Minuten war ich begeistert, nach etwa 10 Erfahrungsberichten war ich überzeugt: Das will ich auch können.

Exkurs

Auch das QWERTZ-Layout, welches ich in den letzten 15 Jahren meines Lebens benutzte (wie jeder) wurde 1868 von Christopher Sholes entwickelt und optimiert. Die ersten Schreibmaschinentastaturen waren alphbetisch aufgebaut, das führte jedoch dazu, dass sich die Mechanik verhakt hat. Christopher Sholes hat die Buchstaben so angeordnet, dass die angeschlagenen Buchstaben möglichst weit auseinander liegen. Er hat quasi das Layout darauf optimiert, nicht zu schnell schreiben zu können.

Heute verhaken sich keine Buchstaben mehr, die Anordnung der Buchstaben ist geblieben. Dr. August Dvorak entwarf 1932 ein Layout, welches auf die englische Sprache optimiert war.

Seit 2004 gibt es Neo2, erstellt von Hanno Behrens und Benjamin Kellermann. Dieses Layout ist auf Ergonomie optimiert. Oft verwendete Buchstaben liegen nah beieinander, Sonderzeichen können viel einfacher eingefügt werden.

Technische Umsetzung

Ich arbeite im Job auf Windows 7, daheim mit Windows 7 und Ubuntu.

Unter Windows 7 habe ich diesen Treiber benutzt, einfacher kann die Installation nicht sein. Grenzen konnte ich noch nicht feststellen. Die Installation unter Ubuntu steht noch aus. Das Ein- und Ausschalten über Shift + Pause funktioniert (glücklicherweist).

Tipptrainer gibt es, ich habe Tipp10 und KTouch installiert. Funktioniert beides gut.

Tag 1: Erstkontakt

Zwei bunte Tipptrainer, ein Layout, das auf Knopfdruck umgestellt werden kann. Technisch passt alles, jetzt muss nur noch der Kopf mitspielen.

Im Moment gefällt mir KTouch besser als Tipptrainer. Der fängt bei den grundlegenden Tasten an, wie damals mit asdf jklö. Außerdem muss man erst schnell genug und sorgfältig genug tippen, um ins nächste Level zu kommen. Also:

eenn nene aenr rnea aara rara rennen arne

Tag 2: Der erste Beitrag in Neo2

Ich bin am üben, mache meine Schreibübungen und habe einen Aufsteller ausgedruckt – jetzt kann es nur noch besser werden. Das Schreiben geht schon recht einfach von der Hand. Ich bin frohen Mutes, dass das Experiment funktionieren kann.

Ich habe heute auch auf meinem Arbeits-PC das Neo-Layout installiert. In ein paar Tagen kann es losgehen auch dort „richtig“ zu schreiben. Ich freue mich grad über die richtigen Anführungszeichen, auch wenn die Freude, während ich dies schreibe, schon wieder verflogen ist.

Tag 3: Der Ernstfall – Der erste Arbeitstag

Heute war der erste Tag, an dem ich komplett in Neo2 geschrieben habe. Ich bin geistig ausgelaugt, auch körperlich merke ich, dass das Schreiben ungewohnt ist. Die richtigen Buchstaben treffe ich nur, wenn ich aktiv darüber nachdenke, ganz selten bewegen sich die Finger sich von allein zu den richtigen Buchstaben, was sehr erfreulich ist. Oft bewegen sich auch die richtigen Finger der falschen Hand, und ich fange an zu raten und drücke dann mehrmals die gleiche falsche Taste.

Ich fange auch langsam an die Tasten der dritten und vierten Ebene zu benutzen, tolle Spielereien. Ich freue mich darauf, bald alles total flüssig verwenden zu können.

Tag 18: Erste Erfolge

Ich übe teilweise mit abschreiben, das funktioniert ganz gut. Im Kopf formulierte Texte gehen solala und nur mit entsprechender Konzentration. Es geht voran.

Mit QWERTZ zu schreiben ist nur noch schwer möglich, da zucken immer die falschen Finger und blind schreiben ist nahezu unmöglich. (Dieser Satz ist testweise in QWERTZ geschrieben.) Ich merke auch, wie es mich nervt, dass ich überhaupt auf die Tastatur schauen muss. Denn mit Nachdenken finde ich die richtigen Zeichen erst recht nicht.

Sonderzeichen und so nutze ich so viel wie möglich. Das geht auch ganz gut. Ich sehe positiv in die Zukunft mit dem Experiment 🙂

Tag 130: Es ist fast vollbracht

Seit vier Monaten schreibe ich nun auf dem Neo2-Layout. Mit den Buchstaben komme ich mittlerweile im Schlaf klar. Eine Zeit lang hatte ich Probleme mit der Feststelltaste, die sich immer aktiviert hatte, weil ich nicht wusste, ob ich die linke oder rechte Taste für die zweite Ebene brauche. Das geht mittlerweile aber ganz gut. Ich weiche noch oft auf den Nummernblock aus, wenn ich Zahlen tippen muss. Da will ich mich noch an den integrierten Nummernblock gewöhnen, wahrscheinlich muss ich den doofen Nummernblock einfach mal abschalten…

Ich tippe noch nicht schnell genug, wie ich selber merke, auch schnellschreiben will ich noch mehr üben, wobei das wahrscheinlich allein kommt.

Der größte Vorteil ist aber, dass ich nun blind schreiben kann. Ich muss gar nicht mehr auf die Tasten schauen, was ich als sehr angenehm empfinde. Auf QWERTZ kann ich nur noch mit zwei Fingern und hingucken tippen, das aber auch recht schnell, wenn ich mich konzentriere.

Mein Fazit nach vier Monaten: Es war eine gute Entscheidung, mit Neo2 anzufangen, ich muss aber weiter üben, am Ende bin ich noch nicht – im positiven Sinne 🙂